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Freier Fall aus der Gesellschaft. “Ein Stück Autokino” – Das Marabu Theater wird zur Experimentierbühne. „Geldscheine flattern durch die Luft als Zeichen für die große Freiheit. Zwei junge Frauen haben alles hinter sich gelassen: Verpflichtungen und Rücksicht inklusive. Das Geld stammt à la Bonnie und Clyde aus aus einem Banküberfall.Aber wohin führt ihre Reise durch die Nacht die beiden? Jetzt, wo sie sich alles kaufen können, den Strand und das Meer, scheint das Limit nur noch der Himmel zu sein. Das Marabu Theater hat seine Bühne wieder einmal zum “Experimentierplatz” erklärt, und unter der Regie von Eva von Schweinitz, Studentin des Fachbereichs Drehbuch an der internationalen Filmschule in Köln, ist mit “Ein Stück Autokino” eine rasante und explosive Inszenierung entstanden. Einmal so cool sein wie Helden im Film. Einsteigen, losfahren, und hinein ins wilde Irgendwo. Also alles nur vom Kino geklaut? Keinesfalls, denn die Inszenierung unterwandert geschickt die Genregrenzen zwischen Film und Theater. Wenn Hannah Biedermann als eine der jungen Wilden die Bank überfällt, sieht das auf der Leinwand brutal echt aus. Aber die Kamera filmt natürlich nur einen Ausschnitt und das vermeintliche Opfer, das scheinbar rücksichtslos zusammengeschlagen wird, ist auf der Bühne nicht mehr als eine hohle Perücke. Mit Lippenstift, Schminke, Sonnenbrillen, Perücken und einem Autowrack proben Biedermann und Manuela Neudegger den freien Fall aus der Gesellschaft. Sich selbst verfolgen sie als das komische Kripo-Duo Schmidt und Schmitz, das als schräge Kreuzung aus Film Noir und Tatort den beiden Aussteigerinnen ständig mit Tatütata und Megaphon auf den Versen ist. Tatsächlich eingeholt aber werden die beiden jungen Wilden nur von ihren Alter Egos, die sie als Anhalterinnen mitnehmen. In einer großartigen Szene, die aus einer Filmsequemz von Biedermann und Neudegger auf der Rückbank eines Autos und dem Gangsterduo Biedermann und Neudegger auf der Bühne zusammengesetzt ist, treffen gesetzlose Coolness und Banalität des Alltags ungebremst aufeinander. “Ein Stück Autokino” ist mehr als eine Versuchsanordnung für den cineastischen Egotrip, sondern eine traumhafte Achterbahnfahrt.“ von Christoph Pierschke Bonner Rundschau, 28.09.2007